Konradsdorfer Landwirte wollen Böden besser machen
Die Einladung zu einer Diskussionsrunde der GRÜNEN Fraktion Ortenberg zu den Themen „ökologische Landwirtschaft heute und in Zukunft“ und „weniger Hochwassergefahren durch Landwirtschaft“, gemeinsam mit den Landwirten Tim und Benjamin Keller vom Biolandhof der Domäne Konradsdorf stieß auf große Resonanz und wurde auch von der Florstädter Fraktionsvorsitzenden Gudrun Neher und Kreistagsmitglied Gerhard Salz besucht. Neben der Ortenberger Fraktion mit Vorsitzendem Dietmar Wäß waren auch die beiden grünen Bundestagskandidat*innen Michaela Colletti für den Westkreis und Knut Kiesel für Schotten, Ostkreis und Main-Kinzig-Kreis sowie Mitglieder benachbarter grüner Ortsverbände gekommen.
Tim Keller erläuterte, dass der Boden – die Erde unter unseren Füßen – unsere Lebensgrundlage ist und der Umgang mit diesem Boden eng verknüpft ist mit ihrer Fähigkeit Wasser zu speichern, Trockenperioden zu überbrücken, Grundwasservorräte zu bilden, Grundwasser sauber zu halten und eine gute Ernte zu ermöglichen. Rund 50 % unseres Bodens in Deutschland ist landwirtschaftlich genutzte Fläche. Hier entscheiden die Eigentümer wie dieser Boden genutzt wird und ob der Boden dann noch seine ausgleichenden Funktionen erfüllen kann oder nicht.
Die Konradsdorfer Landwirte bestätigen, dass der Humusgehalt des Bodens – das ist der organische Anteil der Bodensubstanz – ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist. Er ist Indiz dafür, ob der Boden Wasser speichern kann und ob er in ausreichender Zahl Kleinlebewesen und Mikroben enthält. „In einer Handvoll guten Bodens können mehrere Millionen Lebewesen leben. Wir müssen solch wundervollen Boden wertschätzen“, so Tim Keller. Die Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten begünstige aber leider eine Bodennutzung mit maximalen Erträgen und sehe den Bodenbesitz als profitable Geldanlage. Beides gehe meist auf Kosten einer in Jahrhunderten aufgebauten Bodenstruktur. In der Wetterau betrage der Humusgehalt der Ackerböden meist nur 1 bis 2 %, wünschenswert wäre aber ein Humusgehalt von 5 %. Dies könne erreicht werden, wenn die Böden ganzjährig mit Pflanzen bedeckt seien, denn blanker Boden verliere Humus und Bodenlebewesen sowie im Boden produzierte Nährstoffe. Begrünter Boden habe dann bei Starkregen auch eine große Speicherkapazität und könne durch das vermehrt gespeicherte Wasser auch mit Trockenheit deutlich besser umgehen.
Aktuell sei zu beobachte, dass in der konventionellen Landwirtschaft der Humusgehalt abnehme und in der Bio-Landwirtschaft gerade so gehalten werde. Langfristig möchte die Staatsdomäne Konradsdorf in der Praxis Anbaukonzepte entwickeln, die eine Steigerung des Humusanteils ermögliche. Insbesondere in Zeiten des Klimawandels sei die Entwicklung solcher Konzepte von immenser Bedeutung. Denn humusreiche Böden können viel CO2 speichern und so den Klimawandel bremsen. Leider seien die aktuellen Agrar-Förderprogramme der EU zu wenig auf solche Zielsetzungen bezogen. Nur die Anlage von seitlichen Blühstreifen führe nicht zu humusreicheren Böden der Gesamtfläche. „Die Agrarsubventionen müssten viel mehr an Umweltschutzmaßnahmen gebunden werden“, so Benjamin Keller.
Differenziert betrachtet wurde die Anlage von Maisfeldern, die in Hessen etwa 51.000 Hektar ausmachen. „Die grünen Maisfelder können im Juli und August durch die große Grünmasse und Blattfläche viel CO2 binden“, so Tim Keller. Problematisch seien allerdings Maisfelder auf Hanglagen, da deren nackte Böden bei Starkregen kaum Wasser aufnehmen können und es folglich zu starker Bodenerosion komme. Dies konnte man bei etlichen Hochwasserereignissen der letzten Monate leider wieder gut beobachten. „Da blutet doch jedem Landwirt das Herz, wenn er sieht, wie sein Boden wegschwimmt“, sagt Tim Keller.
Benjamin Keller ergänzt, dass die braune Färbung und der Schlamm des Hochwassers immer mit Bodenerosion und Abtrag von guten Böden einhergehen. Nackter Boden sei immer kritisch bei Starkregen und begünstige Hochwasserereignisse. Das müsse unbedingt verhindert werden, „Bewuchs ist Teil der „Lösung“ so der Landwirt. „Boden dort festhalten, wo er ist. Boden lässt sich nicht ersetzen. Boden ist Lebensgrundlage für Nahrung und Artenvielfalt!“ Die hier geschilderte Betrachtung des Bodenschutzes ist nicht nur für die Zuhörer, sondern auch für die Staatsdomäne Konradsdorf Neuland. Tim und Benjamin Keller freuen sich auch auf zukünftige Diskussionen über die Zukunft der Landwirtschaft, die sich nach ihren Erfahrungen dringend auch mit dem Klimawandel befassen und die an diesem Nachmittag besprochenen Ansätze diskutieren, erproben und bewerten müsse. Alle Beteiligten hoffen auf weitere Gelegenheiten, die Vorhaben der Staatsdomäne auch mit anderen Landwirten diskutieren zu können. „Wir sind mit etlichen Landwirten zu diesem spannenden Thema in Kontakt“, so Tim Keller. „Und das sind beileibe nicht nur Ökos sondern auch konventionelle Landwirte. Das Thema „Bodenqualität“ geht schließlich jeden Landwirt an!“
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