(Komplettversion, als Rede evtl. leicht gekürzt)
bevor ich die vorliegenden Zahlen zum Haushaltsplan 2025 bewerte, möchte ich zunächst mein Unverständnis über die mangelnde Präsenz der Magistratsmitglieder bei den Lesungen zum Haushalt zum Ausdruck bringen. Der Haushalt einer Kommune ist der Dreh- und Angelpunkt für das Handeln der Kommune in den nächsten Jahren. Ohne die erforderlichen Mittel ist die Kommune nicht handlungsfähig. Hier ist es für mich äußerst überraschend, dass unsere Stadträte, Ausnahmen immer ausgenommen, es nicht als erforderlich erachteten an der ersten Lesung teilzunehmen.
Aber jetzt möchte ich zum eigentlichen Thema kommen. Es wurde in der Vergangenheit darüber berichtet, dass wir erst im Mai unseren Haushalt verabschieden. Wir, die Fraktion der Grünen, haben mit dem Zeitpunkt absolut kein Problem. Wir sind uns sehr wohl darüber bewusst, dass erst eine Bestandsaufnahme durch den neuen Bürgermeister durchgeführt werden musste. Bei der Hinterlassenschaft war sicherlich eine detaillierte Analyse mehr als angebracht.
Ich möchte insbesondere auf den Abschlussbericht der vergleichenden Prüfung des Finanzmanagements vom 18. April letzten Jahres eingehen. Diese wurde vom Präsidenten des hessischen Rechnungshofes für verschiedene vergleichbare Kommunen angeordnet.
Ich zitiere: „die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bewertet den Haushalt der Stadt Florstadt im Prüfungszeitraum als fragil. Die Stabilität des Haushaltes erscheint auch künftig gefährdet. Die Stadt steht damit vor der Aufgabe, ihren Haushalt auf Dauer zu stabilisieren und in jedem Jahr auszugleichen“. Zitat Ende.
Bei den Erläuterungen findet man dann die Erklärung für das Wort fragil in diesem Zusammenhang. Der Haushalt ist als fragil zu bewerten, wenn im Prüfungszeitraum, der 5 Jahre umfasst, mindestens drei Jahre mit einem negativen Ergebnis abschließen. Dies war in den Jahren 2018 bis 2020 gegeben. Erst in den Jahren 2021 und 2022 konnten die negativen Ergebnisse der Vorjahre aufgefangen werden.
Woher kommt das?
Wir haben in der Vergangenheit immer wieder davon gehört, dass je nachdem, wer gerade in Bund und Land politische Verantwortung getragen hat, Schuld daran trägt, dass die Ausgaben der Stadt nicht mehr durch Einnahmen gedeckt werden kann. Ja, es stimmt: alle Wetterauer Kommunen beklagen aktuell die ständig steigenden Belastungen, die ihnen Bund und Land aufbürden. Aber es ist auch so, dass andere Kommunen in den vergangenen Jahren auf der Einnahmenseite ihre Hausaufgaben erledigt haben.
Was meine ich damit:
Es wurde darüber nachgedacht, ob durch neue Wohngebiete und/oder neue Gewerbeansiedlungen nachhaltiges Steuerwachstum erzielt werden kann. Siehe unsere Nachbargemeinde Altenstadt. Was haben wir in Florstadt dagegen zu setzen? Wir haben im Gewerbegebiet Nieder-Mockstadt über die Jahre erhebliches Ackerland in Gewerbeflächen umgewandelt und auf große Tickets gesetzt. Wir wollten große Player anlocken und mit einer Unterschrift erhebliche Verkaufserlöse generieren. Soweit so gut, das hat geklappt.
Leider konnten aus diesen Gewerbeansiedlungen nur überschaubare Gewerbesteuereinnahmen generiert werden. Der Ertrag pro Quadratmeter Gewerbefläche ist im Vergleich zu anderen Kommunen unterirdisch und dies wird sich auch in den nächsten Jahren nicht verändern. Hier wird es für die Gremien extrem schwer werden, Strategien zu entwickeln, wie wir zukünftig unsere Einnahmen steigern wollen. Es fehlt meines Erachtens ganz klar an der Idee, wo oder für was soll Florstadt zukünftig stehen und welchen Weg wollen wir gehen, um dorthin zu kommen?
Lassen Sie uns einen Blick auf die Bilanz unserer Stadt werfen. Hier finden wir im Prüfungsbericht des Jahres 2022 Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen in Höhe von 22,6 Millionen Euro mit einer Tilgung von durchschnittlich 22 Jahren.
Sowohl die absolute Höhe als auch die Tilgungsdauer liegen teilweise deutlich über den Vergleichswerten der anderen geprüften Kommunen. Die Gesamtverbindlichkeiten beliefen sich Ende 2022 auf knapp 30 Millionen.
Unser Haushaltsplan sieht zum Jahresende 2025 Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 32,3 Millionen vor. Um es einfach zu machen, setz ich mal die Einwohnerzahl von Florstadt auf 10.000 hoch, so kann man im Kopf ausrechnen, dass die Pro-Kopf-Verschuldung durch die städtische Kreditaufnahmepolitik bei 3.200 € liegt. Vielen Dank dafür.
Erlauben Sie mir noch einen Blick auf die Ausgabenseite, insbesondere die Personalkosten. Bereits 2022 waren wir in der Vergleichsgruppe Spitzenreiter. 37,5 % der Ausgaben waren Personalkosten. In Worten 6,6 Mio plus 0,6 Mio Versorgungsaufwendungen. Ende 2025 werden wir geplant bei 8,6 Mio Plus 0,8 Mio liegen. Um einen EUR einzunehmen setzen wir ca. 0,35 EUR für Personal ein.
Aber nun genug des Rückblicks. Schauen wir nach vorne. Bewerten wir die bevorstehenden Herausforderungen. Als erstes sehe ich einen immensen Investitions- und Sanierungstau in den kommunalen Immobilien. Bürgermeister Imbescheid hat in seiner Haushaltsrede detaillierte Zahlen insbesondere zum Rat- und Bürgerhaus in Nieder Florstadt genannt. Ich denke wir sind uns alle darüber einig, dass wir in den anderen kommunalen Gebäuden ähnliche Mängel zu beheben haben.
Als zweites großes Thema sehe ich die kommunale Wärmeplanung, mit der wir jetzt starten wollen. Auch hier werden wir wohl Investitionen tätigen müssen, um die gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können.
Weitergehende Aufgabenstellungen möchte ich erst mal unbeachtet lassen.
Diese zwei großen Positionen für sich alleine sind schwer zu meistern ohne sich weiter zu verschulden. Ohne Moos nichts los.
Die Aufgaben, die uns Bund und Land in den nächsten Jahren weiterhin zumuten werden, werden nicht geringer. Es wird eine Herkulesaufgabe, zukünftig einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Meine Damen und Herren, es kommen schwierige Zeiten auf uns zu.
Zum Abschluss meiner Rede möchte ich, wie das bei Haushaltreden üblich ist, die Arbeit der Gremien und des Bürgermeisters bewerten.
Ich war bei weitem nicht mit jeder Entscheidung des Bürgermeisters in seinem ersten Jahr einverstanden. Ich muss aber ganz klar konstatieren, dass er die großen Entscheidungen alle besonnen und mit ruhiger Hand und klarem Verstand beurteilt hat. Nicht jeder der Parlamentarier wird es positiv bewerten, dass er bereits getroffene Entscheidungen nicht direkt umgesetzt hat, so wie es eigentlich sein Auftrag ist, sondern nochmals einer kritischen Betrachtung unterzogen hat. Dafür, lieber Daniel vielen Dank aus den Reihen der GRÜNEN. Ich möchte das nicht unbelegt lassen, sondern drei konkrete Beispiele dafür anführen.
- Die Sanierung der ehemaligen Synagoge in Mockstadt war beschlossen und die Umsetzung im „vollen Gange“. Direkt nach Amtseinführung hat der Bürgermeister den Ortsbeirat Mockstadt zu einer gemeinsamen Besichtigung der Baustelle eingeladen und nochmals die genehmigten Pläne besprochen. Die Genehmigungslage sah einen Archivraum als Haus in Haus Lösung in der Synagoge vor. Das historische Gebäude wird durch ein Rollregal in der Mitte des Raumes dominiert. Drumherum verbleibt ein Bereich von circa 1 Meter 50 auf jeder Seite, wo man gegebenenfalls Exponate ausstellen könnte. Dieses Konzept wurde Gott sei Dank überarbeitet und uns somit Kosten erspart und der Raum für eine sinnvollere Verwendung umgestaltet.
- Erweiterung Norma am Messeplatz. In einer einseitigen Diskussion in einer nicht-öffentlichen Stadtverordnetenversammlung wurde ein viereckiger, eingeschossiger Bau in der Größenordnung 50 × 30 Meter direkt am Fahrradweg und an der Nidda besprochen und von zwei Fraktionen einstimmig verabschiedet. Dieser viereckige Klotz hätte nicht nur den Gesamteindruck des Messeplatzes verschandelt, sondern auch jegliche Möglichkeit genommen dort eine neue Mitte in irgendeiner Form zu entwickeln. Auch hier hat der Bürgermeister die Situation analysiert und konnte im Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt eine klare Empfehlung für eine andere Nutzungsweise erreichen.
- Last but not least die größte und weitreichendste Entscheidung der letzten Jahre: Kita Lummerland.
Hier hatte die Stadtverordnetenversammlung den Magistratsvorschlag zum Abriss und Neubau der Kita genehmigt. Der Neubau einer fünfgruppigen Kita mit Gesamtkosten von circa 5,5 Millionen €. Auf die Details der Vergabe möchte ich nicht eingehen.
Unter neuer Leitung hat die Verwaltung eine Erhebung und Planung des zukünftigen Platzbedarfes in den städtischen Kitas vorgenommen. Oder soll ich besser sagen, nachgeholt? Das Ergebnis ist niederschmetternd.
Im neuen Kita-Konzept stellte man fest, dass die vorhandenen Nieder- und Ober-Florstädter Kinder in den bestehenden Einrichtungen untergebracht werden können und dass in den nächsten Jahren nicht mit Kapazitätsengpässen zu rechnen ist. Sollte es wider Erwarten doch dazu kommen, könnte man durch kleinere Investitionen, beispielsweise in einen Kita Wagen, diese Problematik auffangen.
Ich kann hier nur nochmals Danke sagen, dass wir diese Investition, die bereits genehmigt, aber noch nicht umgesetzt wurde, zunächst einmal stoppen konnten. Die endgültige Beschlussfassung steht noch aus. Hierdurch ersparen wir uns, sofern dieses Haus, das zu gegebener Zeit genauso sieht, weitere Kreditaufnahmen.
Abschließend möchte ich noch kurz auf die neue Kultur und das neue Miteinander im Parlament und in den Ausschusssitzungen eingehen. Die Sitzungen erfolgten sach- und zielgerichtet. Das Miteinander ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Vielen Dank dafür.
Die in den Medien veröffentlichte Streichung der Vereinsförderung ist nach Genehmigung des Haushalts Geschichte. Der Umfang entspricht den Werten aus den Vorjahren.
Die GRÜNE Fraktion wird dem Haushaltsentwurf uneingeschränkt zustimmen.
Vielen Dank
Kommentar verfassen
Verwandte Artikel
Die GRÜNEN Florstadt laden ein!
Grüne Partei und grüne Fraktion in Florstadt laden alle interessierten Bürger und Bürgerinnen ganz herzlich zu monatlichen Gesprächsterminen ein.Das nächste Treffen ist am Dienstag, den 17. Juni 2025 um 20:00…
Weiterlesen »
Anliegerschutz und schnelle Information
Grüne Florstadt greifen Bürgeranregungen auf! Auch wenn im Zentrum der nächsten Stadtverordnetensitzung der vorgelegte Haushalt stehen wird, wollen die Grünen Florstadt am 28. Mai zwei weitere Themen anstoßen, die bei…
Weiterlesen »
Florstadt: GRÜNE starten Solaroffensive
Die Florstädter GRÜNEN beginnen das neue Jahr mit einer Offensive für mehr Photovoltaik (PV) auf den Florstädter Dächern. Dabei geht es einerseits um die bisher mangelnde Bereitschaft im Florstädter Rathaus,…
Weiterlesen »